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„Das Schutzkonzept steht – und jetzt?“ Monitoring als Bestandteil des Gewaltschutzes in Flüchtlingsunterkünften

Eine wirksame Umsetzung von Schutzkonzepten ohne Monitoring ist kaum möglich. Denn: ob Schutzmaßnahmen adäquat umgesetzt werden und tatsächlich greifen, ist keine Frage des Bauchgefühls. Wie Monitoring und Evaluierung von Schutzkonzepten in Flüchtlingsunterkünften gelingen können erläutert Dr. Olaf Kleist vom Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung im Gespräch.

Monitoring und Evaluierung des Schutzkonzepts – so ist einer der sechs „Mindeststandards zum Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften“ überschrieben. Dass ohne ein systematisches Monitoring und der anschließenden Evaluierung der erhobenen Daten (kurz: M & E) die im Schutzkonzept niedergelegten Maßnahmen wirksam sein und auch bleiben können, ist stark zu bezweifeln. Dabei sollte das Monitoring Aufschluss darüber geben, ob das Schutzkonzept adäquat umgesetzt wird, ob die ergriffenen Maßnahmen die beabsichtigte Wirkung entfalten und schließlich ob sie nach Veränderungen in der Unterkunft – beispielsweise der Zusammensetzung der Bewohner*innen – noch angemessen sind. Ein in diesem Sinne „lebendiges Schutzkonzept“ trägt dazu bei, die Qualität der Unterbringung insgesamt sicherzustellen. Soweit, so unstrittig. Ein Blick in Landesschutzkonzepte offenbart hingegen, dass dem Thema M & E nur selten Aufmerksamkeit zuteil wird. Warum ist das eigentlich so? Und werden nicht ohnehin ständig und von allen in der Unterbringung von geflüchteten Menschen involvierten Akteuren Daten erfasst? Ist also der Weg vom Status Quo hin zum systematischen M & E gar nicht so weit wie er erscheint?

Mit dem Modellprojekt „Monitoring und Evaluierung eines Schutzkonzeptes für geflüchtete Menschen in Flüchtlingsunterkünften“ will das Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) Licht ins Dunkel bringen. Ziel ist es letztlich, ein Monitoring-Tool zur Umsetzung von Schutzkonzepten zu entwickeln, das jeweils vor Ort in Flüchtlingsunterkünften von allen Akteuren genutzt werden kann. Wie das Ganze funktioniert und welche Erkenntnisse bisher gewonnen werden konnten berichtet Dr. Olaf Kleist, Leiter des Projektes, im Gespräch.

Außerdem: das DeZIM führt aktuell eine Umfrage zu Maßnahmen gegen die Covid-19 Pandemie in Flüchtlingsunterkünften durch. Dr. Olaf Kleist gibt einen ersten Einblick in die noch laufende Befragung.

Das Interview führte die Servicestelle Gewaltschutz.

 


 

Herr Dr. Kleist, im Jahr 2017 hat UNICEF das Projekt „Monitoring und Evaluierung eines Schutzkonzeptes für geflüchtete Menschen in Flüchtlingsunterkünften“ gestartet. Seit Anfang 2019 führt das DeZIM das Projekt weiter. Warum ist M & E im Zusammenhang mit Schutzkonzepten in Flüchtlingsunterkünften so wichtig?

"Der Schutz für Bewohner*innen von Geflüchtetenunterkünften ist ein äußerst komplexes Unterfangen. Die Bundesinitiative „Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften" hat mit den „Mindeststandards“ (hier und im Folgenden sind die „Mindeststandards zum Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften“ gemeint, Anm. d. Red.) wichtige Leitlinien entwickelt. Doch die Operationalisierung bringt ganz eigene und besondere Herausforderungen mit sich. Dies liegt nicht nur daran, dass vielfältige unterschiedliche Risiken berücksichtigt werden müssen. Eine Vielzahl an Personen in den Einrichtungen und auch von außerhalb ist an der Umsetzung beteiligt. Wie diese Umsetzung aussieht, sieht zudem in jeder Einrichtung anders aus. Dabei muss der Gewaltschutz an beständig ändernde Umstände und Rahmenbedingungen angepasst werden.

Um den spezifischen Herausforderungen und Umständen gerecht zu werden, muss eben hierfür ein Monitoring stattfinden. Deshalb ist es als reflexives Instrument auch in den „Mindeststandards“ festgeschrieben. Es hilft, mittel- und langfristig die Entwicklung in der Umsetzung des Gewaltschutzes zu erfassen und so Lücken und ausstehende Bedarfe zu erkennen. Dies funktioniert allerdings nur, wenn frühzeitig mit der Erfassung entsprechender Daten, den Indikatoren des Gewaltschutzes, begonnen wird. Doch sehen wir, dass angesichts vieler drängender Aufgaben des Gewaltschutzes das Monitoring häufig eine der letzten Maßnahmen ist, die in den Einrichtungen umgesetzt wird. Das Monitoring ist für viele ein schwer zu fassendes Mysterium. Mit unserem Online-Instrument zum Schutzmonitoring wollen wir bestehende Hürden abbauen und einen einfachen Zugang zur Erfassung, Ausgabe, Visualisierung und Verarbeitung relevanter Daten des Gewaltschutzes bieten."

 

Und wie trägt das DeZIM Projekt dazu bei, Monitoring von Schutzkonzepten in Flüchtlingsunterkünften zu etablieren?

"Wie Sie erwähnt haben hat UNICEF seit 2017 wichtige Vorarbeiten geleistet. Zusammen mit zwei Pilotstandorten, mittelgroße Aufnahmeeinrichtungen zweier Bundesländer, wurden zentrale Indikatoren für das Monitoring induktiv gebildet. Indikatoren sind messbare Anzeichen der Entwicklung eines Gegenstands, hier also Aspekte, die auf den Stand der Umsetzung des Gewaltschutzes hinweisen. Sie bilden so quasi das Skelett des Monitors, das dem darin abgebildeten Gewaltschutz Gestalt gibt. Wichtig ist, dass diese Gestalt dem komplexen und vielgliedrigen Anspruch an Gewaltschutz entspricht, also die wichtigsten Aspekte des Gewaltschutzes widerspiegelt. Doch was sind die wichtigsten Aspekte? Das herauszufinden, war eine zentrale Aufgabe des Projekts."

 

Sie sprechen die Indikatoren an, anhand derer die Umsetzung des Gewaltschutzes abgelesen werden kann. Wie haben Sie die Gewaltschutz-Indikatoren festgelegt?

"Auf die Vorarbeiten von UNICEF konnten wir aufbauen, indem wir aus den „Mindeststandards“ rund 1.000 weitere Indikatoren deduktiv bestimmt haben. Wir haben dann eine umfangreiche Evaluation der Umsetzung, Prozesse und Ergebnisse des Gewaltschutzes an den zwei Pilotstandorten durchführen können. Auf Grundlage der Indikatoren wurden Frageleitbögen erstellt und insgesamt über 120 Interviews mit Mitarbeitenden und, in über 10 Sprachen, mit Bewohner*innen geführt. Die Auswertung gab uns einen Einblick in die Funktionsweisen des Gewaltschutzes, so dass wir erstens eine Auswahl der wichtigsten Indikatoren für das Monitoring treffen und die Indikatorenliste so signifikant reduzieren konnten, zweitens weitere Indikatoren bestimmen konnten für Aspekte die zuvor noch nicht erfasst waren und drittens eine Gewichtung der Indikatoren und Antwortkategorien vornehmen konnten, welche Aspekte also wichtiger für den Gewaltschutz sind als andere. Auf dieser Grundlage konnte eine umfangreiche, aber überschaubare und insbesondere empirisch relevante Liste an Indikatoren für das Monitoring verfasst werden. Diese Indikatorenliste wurde anschließend in einem partizipativen Verfahren von den Pilotstandorten, von NGOs der Bundesinitiative sowie von Wissenschaftler*innen mit ihrer Fachexpertise begutachtet, kommentiert und schließlich nochmals überarbeitet."

 

Eine Liste von Gewaltschutz-Indikatoren ist die eine Seite der Medaille, die andere ist die Nutzung in der Praxis. Wer soll die Daten erheben, auf welchem Weg erfolgt die Erhebung und wie werden die erhobenen Daten ausgewertet?

"Eine unserer leitenden Ansprüche an das Monitoring ist, dass es trotz seiner Komplexität sowohl in der Erfassung der zu messenden Daten als auch in der Auswertung der Indikatoren einfach zu nutzen sein muss. Daher werden die Daten für die Indikatoren durch einen Onlinefragebogen erfasst, wie man ihn vielleicht aus Online-Umfragen kennt. Verantwortliche für den Gewaltschutz in Geflüchtetenunterkünften werden einmal im Quartal aufgefordert, Fragen zur Umsetzung des Gewaltschutzes in ihrer Einrichtung zu beantworten. Neben den Indikatoren der „Mindeststandards“ kann der Fragebogen auch weitere spezifische Indikatoren von Landesschutzkonzepten umfassen. Das Fragenformular ist dabei thematisch in Sektionen unterteilt (z. B. Personal, Kinderbetreuung, medizinische Versorgung, besonders gefährdete Gruppen), die von den für das jeweilige Thema Zuständige in der Einrichtung ausgefüllt werden können. Zudem werden monatlich akkumulierte Zahlen, also keine personalisierten Daten, zu Gewaltvorfällen erfasst. Schließlich gibt es für Bewohner*innen eine Möglichkeit, ihr Sicherheitsgefühl und Bedenken zu dokumentieren. Hochgehalten werden dabei immer Anonymität der Betroffenen und Datenschutz, sodass aus der Datenbank keine Rückschlüsse auf einzelne Personen gezogen werden können.

Parallel zur Erstellung der Indikatorenliste wurde zusammen mit der Berliner Agentur Cause & Effect ein Onlinedashboard programmiert. Im Dashboard werden die wichtigsten Indikatoren graphisch aufbereitet, sodass mit einem Blick die zentralen Entwicklungen in der Umsetzung des Gewaltschutzes in Bezug auf die sechs Mindeststandards und drei Annexe sowie ggf. Landesschutzkonzepte aber auch etwa von Belegungsdaten und aggregiert von Gewaltvorfällen erfasst werden können. Zugleich lässt sich sofort sehen, wie weit die Umsetzung des Gewaltschutzes in verschiedenen Bereichen vorangeschritten ist und alle Daten lassen sich einfach zur weiteren Verarbeitung herunterladen. Das Dashboard ist mit jedem internetfähigen Computer oder Tablet über einen Internetbrowser zu erreichen, aber auf die jeweiligen Daten einer Einrichtung kann man nur mit einem doppelt gesicherten Nutzer*innenprofil (Passwort und SMS-Code) zugreifen. Die für den Gewaltschutz Verantwortlichen einer Einrichtung können somit ausschließlich die Daten der eigenen Unterkunft einsehen."

 

Die ausgewerteten und im Dashboard dargestellten Daten verdeutlichen also, wie es um den Gewaltschutz jeweils bestellt ist. Wie werden die Daten weiterverarbeitet?

"Das Schutzmonitoring ist in erster Linie ein Instrument für Geflüchtetenunterkünfte zum Selbstmonitoring und somit zur Reflexion über die Umsetzung des Gewaltschutzes vor Ort. Es dient als Erinnerung an noch ausstehende Aspekte und zeigt bereits erreichte Fortschritte. Vergleiche mit anderen Einrichtungen sollen vermieden werden, da die Voraussetzungen und Umstände der Geflüchtetenunterkünfte so unterschiedlich sind, dass ein sinnvoller Vergleich nicht möglich ist. Letztlich kennt niemand die Bedingungen und Zusammenhänge des Gewaltschutzes einer Einrichtung so gut, wie die dort Zuständigen. Das Schutzmonitoring soll ihnen in der Weiterentwicklung von Schutzmaßnahmen helfen. Dabei muss jedoch eine Über- oder Fehlinterpretation der Daten vermieden werden. Zusammenhänge von Entwicklungen können viele Gründe haben: Korrelation ist nicht gleich Kausalität. Mit anderen Worten, eine Zu- oder Abnahme von Gewaltvorfällen kann viele Gründe haben, auch wenn es scheint als folge dies auf bestimmte Maßnahmen oder Entwicklungen. Was wirksame Faktoren und Maßnahmen sind, ließe sich nur zentral feststellen, wenn die Daten vieler Einrichtungen zusammen ins Verhältnis gesetzt würden. Alternativ können aufwändige qualitative Evaluationen in der Einrichtung Einblick in Prozesse und Wirkungen von Gewaltschutz geben. Insofern ist das Schutzmonitoring von Verantwortlichen des Gewaltschutzes mit Vorsicht zu interpretieren – Hinweise und Erklärungen im Dashbaord sollen dazu beitragen, die Möglichkeiten und Grenzen der Daten transparent zu machen. So kann das Schutzmonitoring dann aber einen ganz wesentlichen Beitrag leisten, die Komplexität des Gewaltschutzes und seiner Umsetzung im Blick zu behalten und sollte fester Bestandteil in jeder Geflüchtetenunterkunft sein."

 

Was hat Sie im Projektverlauf besonders überrascht? Und welche Erwartungen haben sich bestätigt?

"Weniger überrascht als nachhaltig beeindruckt hat mich das große Engagement und der Einsatz der meisten Beschäftigten in den Einrichtungen, mit denen wir zusammengearbeitet haben. Ich denke, dass dies keine Einzelfälle sind, sondern sich bundesweit viele Menschen unter oft schwierigen Umständen für den Schutz von Bewohner*innen und ein solidarisches Zusammenleben einsetzen. Es zeigt aber auch, wie der Gewaltschutz oft am Einsatz einzelner Personen hängt und allgemeine Regeln für den Gewaltschutz an den komplexen Umständen und Bedingungen vor Ort vorbei gehen können. Hier will das Monitoring ansetzen und genau diesen Personen ein Instrument an die Hand geben, mit dem sie unter den jeweils spezifischen Umständen ihrer Einrichtung die Umsetzung des Gewaltschutzes kontrollieren können, ohne generelle Bewertungen vorzunehmen. So kann das Monitoring ihnen auch Daten aufbereitet zur Verfügung stellen, mit denen sie sich zum Beispiel für Verbesserungen der Rahmenbedingungen einsetzen können.

Eine der wichtigsten Erkenntnisse ist, wenn auch nicht überraschend, dass Gewaltschutz nicht einfach von oben durch Einrichtungen implementiert werden kann, sondern in einer beständigen Zusammenarbeit aller Mitarbeitenden mit den Bewohner*innen an die jeweiligen Bedürfnisse und Bedingungen angepasst und gemeinsam umgesetzt werden muss. Unsere vielen Gespräche mit Bewohner*innen, von Kindern und Jugendlichen bis Senioren, mit Familien, mit einzelnen Männern und Frauen und mit alleinerziehenden Eltern haben bestätigt, wie nachdrücklich ein gutes Zusammenleben, Partizipation vor Ort und der Wunsch nach Lernen und Integration vorhanden sind. Sprachbarrieren, unterschiedliche Aufenthaltsdauern und vielfältige Herausforderungen der Bewohner*innen, die auf der Flucht und im Ankommen sind, machen dies nicht leicht. Der Gewaltschutz und das Schutzmonitoring können hier Anhaltspunkte geben, wobei manchmal auch individuelle und ungewöhnliche Lösungen gefunden werden müssen. Die Institution der Geflüchtetenunterkunft schafft aus sich heraus Voraussetzungen, die Gewaltschutz möglich, aber teils auch notwendig machen und ihm zugleich Grenzen setzen. So kann Gewaltschutz nicht an den Zäunen der Unterkünfte enden, sondern muss als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe eben auch der Politik verstanden werden – so entstanden letztlich auch die „Mindeststandards“ und das Schutzmonitoring."

 

Für die Entwicklung und Erprobung des Monitoring-Tools arbeiten Sie mit den Behörden in zwei Bundesländern zusammen. Wird das Tool anschließend auch anderen Bundesländern zur Verfügung stehen?

"Die vom BMFSFJ finanzierte Entwicklung des Schutzmonitorings ist nur der erste Schritt hin zu einer bundesweiten Nutzung in Geflüchtetenunterkünften. Wir befinden uns aktuell in der Pilotphase, die Ende 2020 abgeschlossen ist. Bis dahin werden wir das Schutzmonitoring-Instrument fertigstellen, einschließlich des modularen Erhebungstools, der komplexen Datenbank und des intuitiven Dashboards zur Auswertung sowie einer Handreichung zur Umsetzung des Schutzmonitorings. Hierfür wird in einem nächsten Schritt die technische Plattform skaliert, also für einen größeren Kreis an Einrichtungen und größeren Umfang an Daten erweitert, und ggf. an Landeskonzepte des Gewaltschutzes angepasst. Schließlich soll das Schutzmonitoring an Betreiber oder Träger von Geflüchtetenunterkünften zur eigenen Durchführung übergeben werden und so möglichst vielen Geflüchtetenunterkünften zur Verfügung gestellt werden. Dabei sind aktuell noch einige wichtige Fragen zu klären, etwa wie die Datenbank und das Instrument dauerhaft sicher und nachhaltig betrieben werden können – denn nur im langjährigen Einsatz macht es wirklich Sinn. In jedem Fall freuen wir uns über jedes Interesse von Betreibern, Trägern und im Gewaltschutz Aktiven, das Schutzmonitoring in ihren Einrichtungen zu nutzen."

 

Über das M & E Projekt hinaus führen Sie und Ihr Team aktuelle eine Umfrage zum Umgang mit Covid-19 in Flüchtlingsunterkünften durch. Worauf zielen Sie mit der Umfrage ab und welche Ergebnisse liegen Ihnen bisher vor?

"Corona hat Geflüchtetenunterkünfte ganz unterschiedlich betroffen. Doch für alle war es eine große Herausforderung, gerade auch für den Gewaltschutz. Für uns war ganz klar, dass wir den Umgang mit Covid-19 und die Auswirkungen der Pandemie in unserer Evaluation des Gewaltschutzes und für die Entwicklung des Schutzmonitors berücksichtigen müssen. Selbstverständlich waren die Herausforderungen für einige Einrichtungen so groß, dass sie sich nicht noch zeitgleich auf eine Studie einlassen konnten. Dennoch konnten wir viele Geflüchtetenunterkünfte verschiedenster Größen für eine Kooperation gewinnen. Wir haben die Einrichtungen gefragt, wie sie auf die Pandemie reagiert haben, und eine Onlineumfrage für Bewohner*innen gestaltet, um deren Umgang mit und Überlegungen zu Covid-19 zu erfahren. Die vorläufigen Ergebnisse sind nicht repräsentativ und müssen mit Vorsicht interpretiert werden, doch bieten sie Einblicke in den Gewaltschutz unter dem Druck von Corona.

Die erste Erkenntnis ist, dass Bewohner*innen ganz unterschiedlich mit der Situation umgegangen sind, aber alle eigene Schritte zum Schutz ergriffen haben, von Maskentragen über Hygienemaßnahmen zu persönlichem Rückzug. Die Angst vor Corona war weit verbreitet, aber die Sorge vor Asylverfahren oder Abschiebungen stand dem kaum zurück. Ihnen waren Informationen und Unterstützung zum Selbstschutz durch die Einrichtungen wichtig. Die Einrichtungen selber haben ganz vielfältig reagiert, abhängig von der jeweiligen Situation vor Ort. Verschiedene Aspekte des allgemeinen Gewaltschutzes und dessen Prozesse waren eine sehr gute Grundlage auch mit dieser außerordentlichen Situation besser umgehen zu können. Beeindruckt hat mich, wie oft ganz kurzfristig Maßnahmen möglich wurden, die zuvor oft als unmöglich galten: Die Einrichtung von zusätzlichen Sanitärräumen und Kantinen, die Etablierung von Bewohner*innenräten und so weiter. Einige Einrichtungen planen, diese Innovationen auch über die Coronapandemie hinaus beizubehalten. Aber auch die Isolation, die unausweichliche Nähe und mangelnde Autonomie in den Einrichtungen wurden in der Krisenzeit besonders deutlich. Hier ist noch grundsätzlich zu überlegen, welche Konsequenzen aus der Pandemie zu ziehen sind und unter welchen Bedingungen ein effektiver Gewaltschutz überhaupt möglich ist. Wir hoffen, mit dem Schutzmonitoring auch zu solchen Entwicklungen und Diskussionen beitragen zu können."

 

Lieber Herr Dr. Kleist, vielen Dank für das Gespräch.

"Vielen Dank für Ihr Interesse am Schutzmonitoring!"

 

Das Projekt „Monitoring und Evaluierung eines Schutzkonzeptes für geflüchtete Menschen in Flüchtlingsunterkünften“ wird im Rahmen der Bundesinitiative „Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften“ vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

 


 

Weiterführende Informationen

Projektwebseite „Monitoring und Evaluierung eines Schutzkonzeptes für geflüchtete Menschen in Flüchtlingsunterkünften“

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