Netzwerktreffen der Bundesinitiative 2020


Flucht und Männlichkeit – Herausforderungen und Perspektiven in der Unterbringungspraxis

Beim diesjährigen Netzwerktreffen der Bundesinitiative am 27.11.2020 tauschten sich Vertreter*innen der Partnerorganisationen der Bundesinitiative, der Praxis und der Behörden zum Thema Flucht und Männlichkeit aus. Ziel war, ein differenziertes Bild der Herausforderungen und Bedarfe für junge geflüchtete Männer zu zeichnen, das zum einen kriminologische Erkenntnisse zu Schutz- und Risikofaktoren, zum anderen Praxiserfahrungen in der psychosozialen Arbeit mit jungen geflüchteten Männern berücksichtigt.

Welche strukturellen Bedingungen begünstigen einen guten Übergang ins Erwachsenenalter für junge geflüchtete Männer? Welche alters- und geschlechtssensiblen Angebote können sichere Räume für eine reflektierende Auseinandersetzung mit männlichen Rollenbildern und der eigenen Identitätsbildung schaffen? Welche Unterstützung brauchen geflüchtete Männer, die Folter oder Verfolgung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung erlebt haben? Und wie kann man weiteren Gewalterlebnissen vorbeugen? Das sind die Fragen, die im Rahmen des Netzwerktreffens reflektiert wurden.

Nach den einleitenden Grußworten von Michael Tetzlaff (Leiter der Abteilung 1 Demokratie und Leben, Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend) sowie von Norbert Seitz (Vorstandsmitglied der Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention) stellte Matthias Kornmann (DFK) mit der Keynote die Risiko- und Schutzfaktoren für männliche Geflüchtete heraus und ging auf die Differenzierung von Prävention vs. Stigma ein. Conny Hiller (BONVENO) griff mit der anschließenden Keynote „Jung und männlich? Bitte hinten anstellen!“ die Lebensrealitäten junger Männer in Flüchtlingsunterkünften auf.

Die Veranstaltung schloss mit einer Podiumsdiskussion, die die Herausforderungen und Perspektiven in der Unterbringungspraxis in Bezug auf Flucht und Männlichkeit in den Blick nahm. Es wurden die Erfahrungen aus den Projekten „BROTHERS“ und „Beratung für Männer – gegen Gewalt“ vorgestellt sowie besondere Herausforderungen und Bedarfe für männliche geflüchtete LSBTI*-Personen besprochen. Neben dieser Perspektive aus der Praxis waren auch die kriminologischen Erkenntnisse zu Schutz- und Risikofaktoren aus der Keynote Gegenstand der abschließenden Diskussion.

Datum und Uhrzeit

27.11.2020 | 9:00 - 12:00 Uhr


Zielgruppe

Vertreter*innen der Partnerorganisationen in der Bundesinitiative

Vertreter*innen aus der Praxis

Vertreter*innen von Behörden


Online Plattformen

Edudip Next


Federführung

Kontakt

Servicestelle Gewaltschutz

Tel | 030 390 634 760
Servicestelle Gewaltschutz


Programm und Dokumentation

Usama Ibrahim-Kind, Tagesmoderation, Servicestelle Gewaltschutz

Michael Tetzlaff, Leiter der Abteilung 1 Demokratie und Engagement, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Norbert Seitz, Vorstandsmitglied der Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention, Ministerialdirektor a.D., zuletzt Leiter der Abteilung Migration, Rückkehr und europäische Rechtsharmonisierung im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat

Risiko- und Schutzfaktoren für männliche Geflüchtete – Prävention vs. Stigma

Matthias Kornmann, Referent, Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention

Jenseits der üblichen Stigmatisierungen sondiert die Keynote das Themenfeld Flucht und Männlichkeit aus kriminologischer Perspektive und zielt auf gesamtgesellschaftliche Anknüpfungspunkte für effektive Gewaltprävention ab. Die Leitfrage ist: Was sagt uns die kriminologische Datenlage und welche Schlussfolgerungen können wir für die Gestaltung von Präventionsmaßnahmen im Unterbringungskontext ableiten?

„Jung und männlich? Bitte hintenanstellen!“ Lebensrealitäten junger Männer in Flüchtlingsunterkünften

Conny Hiller, Projektmanagement, BONVENO Göttingen gGmbH

Quantifizierbare Erkenntnisse und daraus ableitbare Schlussfolgerungen mit Blick auf Präventionsmaßnahmen sind wichtig. Wichtig ist auch, einen Perspektivwechsel einzunehmen, der die Lebensrealitäten von jungen Männern in Flüchtlingsunterkünften in den Blick rückt. Die mangelnde Wahrnehmung der spezifischen Schutzbedürfnisse von Jungen und jungen Männern und die Vernachlässigung einer geschlechtsreflektierenden Jungenarbeit erzeugt Enttäuschung, Perspektivlosigkeit und Frust. Der Kommentar illustriert anhand von Praxiserfahrungen die schwierige Lage von geflüchteten Menschen, die jung und männlich sind, und zeigt Möglichkeiten auf, passende Angebote zu schaffen.

 

Flucht und Männlichkeit – Herausforderungen und Perspektiven in der Unterbringungspraxis

Patrick Dörr, Bundesvorstand, Lesben- und Schwulenverband in Deutschland

Matthias Kornmann, Referent, Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention

Conny Hiller, Projektmanagement, BONVENO Göttingen gGmbH

Sultan Zeb Khawaja, Teamleiter, Projekt BROTHERS, BONVENO Göttingen gGmbH

Gerhard Hafner, Projektleiter, Beratung für Männer – gegen Gewalt, Volkssolidarität Landesverband Berlin e. V. / Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit häusliche Gewalt e. V.

Mehmet Kiratli, Berater, Beratung für Männer – gegen Gewalt, Volkssolidarität Landesverband Berlin e. V. / Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit häusliche Gewalt e. V.

Dr. Michael Tunç, Gesprächsmoderation, Professur für Soziale Arbeit in der Migrationsgesellschaft, Hochschule für Angewandte Wissenschaft Hamburg

Usama Ibrahim-Kind, Tagesmoderation, Servicestelle Gewaltschutz

Werkstattgespräche mit informellem Austausch

Referent*innen des Podiums


Weiterführende Informationen

Im Rahmen der Veranstaltung haben die Teilnehmenden im Chat Hinweise zu Publikationen, Projekten sowie Angeboten gegeben. Diese sind im Folgenden aufgeführt.

Projekt „Dezentrale Beratungs- und Unterstützungsstruktur für Gewaltschutz in Flüchtlingsunterkünften“ (DeBUG)

Mehr Informationen zum Projekt DeBUG mit Kontaktdaten der sieben Kontaktstellen finden Sie hier:

Projekt DeBUG


Informationen zum „Schutz von LSBTI*-Geflüchteten“

Mehr Informationen zum „Schutz von LSBTI*-Geflüchteten“ mit Link zur Webseite des Projektes „Queer Refugees Deutschland“ (LSVD) finden Sie hier:

Schutz von LSBTI*-Geflüchteten
 

Der LSVD veröffentlichte im November die Publikation "LSBTI*-sensibler Gewaltschutz für Geflüchtete", einen Praxisleitfaden zur Umsetzung des Annex 1 der "Mindeststandards". 

LSBTI*-sensibler Gewaltschutz für Geflüchtete. Leitfaden für die Praxis
 

Mehr Informationen zum NRW-weiten Schulungsprojekt zu LSBTI und Flucht der Rosa Strippe e.V., koordiniert von Alva Träbert in Bochum, finden Sie hier:

Schulungsprojekt zu LSBTI und Flucht
 

Einen Policy Brief u.a. mit dem Hinweis kulturelle Integrationsmaßnahmen verstärkt auf Aspekte der sexuellen Orientierung auszurichten veröffentlichte der Sachverständigtenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) der Robert Bosch Stiftung im Jahr 2019. Den Policy Brief als Download finden Sie hier:

Policy Brief "Andere Länder, andere Sitten? Welche kulturellen Unterschiede Flüchtlinge wahrnehmen - und wie sie damit umgehen"


Informationen für Angebote und zu Ansätzen der Gewaltprävention

In Hessen arbeitet der Rumi imPuls e.V. sowohl präventiv als auch im Rahmen individueller Einzelfallhilfen mit Jugendlichen, die Radikalisierungstendenzen aufweisen. Mehr Informationen hierzu erhalten Sie hier:

Rumi Impuls e.V.
 

Das Projekt „Mit Migranten für Migranten“ (MiMi) bildet Migrant*innen als Multiplikator*innen für Gewaltprävention aus. Damit können sie u. a. als Peers Infoveranstaltungen zum Thema Gewaltprävention durchführen:

Projekt "MiMi gegen Gewalt"
 

Das Berliner Projekt „Heroes – gegen Unterdrückung im Namen der Ehre“ ist ein Projekt für Gleichberechtigung des Strohhalm e.V. und widmet sich geschlechterreflektierender Jungenarbeit. Mehr Infos erhalten Sie hier:

Projekt "Heroes"


Das Bonveno-Projekt „BROTHERS – Gewaltprävention bei (geflüchteten) Jugendlichen“ in Niedersachsen ist ein geschlechterreflektierendes Projekt zur Identitätsbildung und Stärkung männlicher Jugendlicher zwischen 14 und 21 Jahren. Das Projekt kooperiert mit dem Berliner Projekt „Heroes“. Mehr Informationen zu BROTHERS finden Sie hier:

Infos zum Projekt "BROTHERS"
 

„Kurve Kriegen“ ist eine kriminalpräventive Initiative der Landesregierung Nordrhein-Westfalen, die kriminalitätsgefährdeten Kindern und Jugendlichen hilft, Wege aus der Kriminalität zu finden. Mehr Informationen erhalten Sie hier:

Initiative "Kurve Kriegen"


Informationen zu Männerschutzwohnungen

Die Bundesfach- und Koordinierungsstelle Männergewaltschutz gibt einen Überblick über bestehende Männer*schutzeinrichtungen in Deutschland:

Infos zu Männerschutzwohnungen


Informationen zur Forschung und Praxis der Jungen-, Männer- oder Väterarbeit für Menschen mit (Flucht-)Migrationshintegrund

Dr. Michael Tunç hat die Professur für Soziale Arbeit in der Migrationsgesellschaft an der HAW Hamburg inne und forscht seit mehreren Jahren zur Jungen-, Männer- und Väterarbeit für Menschen mit (Flucht-)Migrationshintergrund. Kontaktdaten und Publikation finden Sie hier:

Publikationen zum Thema "Jungen-, Männer- oder Väterarbeit für Menschen mit (Flucht-)Migrationshintergrund"


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