Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleg*innen,
liebe Leser*innen,
ein denkwürdiges Jahr neigt sich dem Ende. Das alle Facetten des gesellschaftlichen Miteinanders dominierende Thema ist unbestritten die Corona-Pandemie – die zweite Welle, der zweite Lockdown. Das Bild des Brennglases, das bestehende soziale und ökonomische Ungleichheiten verschärft, wurde oft bemüht, um die Folgen der Pandemie zu illustrieren. Und es wäre fast schon abgedroschen, wenn es nicht so wahr wäre.
Flüchtlingsunterkünfte sind immer wieder Orte eines erhöhten Infektionsgeschehens. Im Kontext der Unterbringung von geflüchteten Menschen verlangt diese schwierige Situation allen Beteiligten Vieles ab. Geflüchtete Menschen können schon aufgrund der Rahmenbedingungen in Flüchtlingsunterkünften basale Hygieneregeln kaum einhalten und unterliegen im Ernstfall oftmals wider besseres Wissen der Kollektivquarantäne. Beschäftigte in Flüchtlingsunterkünften gehen oft an ihre Belastungsgrenzen, um auch bei hohem Krankenstand die Versorgung der geflüchteten Menschen sicherzustellen. Behörden müssen teilweise schwierige Abwägungen vornehmen, um die Belegung zu entzerren und Quarantäne Bereiche vorzuhalten. Öffentliche und zivilgesellschaftliche Träger von Regel- und Unterstützungsangeboten müssen immer wieder kreative Lösungen finden, um die Zugänglichkeit ihrer Angebote aufrechtzuerhalten und ihre jeweiligen Zielgruppen zu erreichen.
„Gewaltschutz in Flüchtlingsunterkünften – jetzt erst recht!“, das war vor diesem Hintergrund Titel und Wahlspruch einer der vielen Online Veranstaltung im Kontext der Bundesinitiative. Über 200 Vertreter*innen von Behörden, der Zivilgesellschaft und der Praxis sind an drei Tagen – 29.09, 01.10. und 02.10.2020 – im virtuellen Raum zusammengekommen, um darüber zu diskutieren, wo wir nach einem Jahr §§44, 2a und 53, 3 Asylgesetz in Sachen Gewaltschutz in Flüchtlingsunterkünften stehen.
Auf der Veranstaltung haben UNICEF Deutschland und das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIMR) ihre gemeinsame Studie „Gewaltschutz in Unterkünften für geflüchtete Menschen. Eine kinderrechtliche Analyse basierend auf einer Befragung der 16 Bundesländer“ vorgestellt. Die Studie zeigt: Die vorhandenen Strukturen reichen noch nicht aus, um Gewalt im Unterbringungskontext wirksam entgegenzutreten. Die Studie ist zwischenzeitlich online verfügbar.
Auch das diesjährige Netzwerktreffen der Bundesinitiative am 27.11.2020 fand als Online Veranstaltung statt. Es widmete sich unter dem Titel „Flucht und Männlichkeit – Herausforderungen und Perspektiven in der Unterbringungspraxis“ der Frage nach den spezifischen Schutzbedarfen von jungen geflüchteten Männern in Flüchtlingsunterkünften. Ziel war es, ein differenziertes Bild der Herausforderungen und Bedarfe für junge geflüchtete Männer zu zeichnen, das zum einen kriminologische Erkenntnisse zu Schutz- und Risikofaktoren, zum anderen Praxiserfahrungen in der psychosozialen Arbeit mit jungen geflüchteten Männern berücksichtigt. Teilgenommen haben etwa 100 Vertreter*innen von Behörden, der Zivilgesellschaft und der Praxis.
Anlässlich des Netzwerktreffens hat der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) die Publikation „LSBTI*-sensibler Gewaltschutz für Geflüchtete. Leitfaden für die Praxis“ veröffentlicht. Der Leitfaden versteht sich als Praxishandreichung zur Umsetzung des Annex 1 (LSBTI*-Geflüchtete) der „Mindeststandards zum Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften“.
Neben den beiden genannten Publikationen sind jüngst eine Vielzahl weiterer Publikationen der Partnerorganisationen in der Bundesinitiative erschienen, unter anderem von der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF), der Frauenhauskoordinierung (FHK) in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Frauenberatungsstellen und Notrufe (bff), dem Bundesweiten Koordinierungskreis gegen Menschenhandel (KOK) und dem AWO Bundesverband sowie der Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention (DFK). Zudem weisen wir Sie gerne auf Studien von terre des hommes (tdh) und dem Deutschen Jugendinstitut (DJI) hin.
Auch aus Projekten, die derzeit von Partnerorganisationen im Rahmen der Bundesinitiative umgesetzt werden, gibt es Nennenswertes zu berichten. Das Pilotprojekt "Monitoring und Evaluierung eines Schutzkonzeptes für geflüchtete Menschen in Flüchtlingsunterkünften", das von Dr. Olaf Kleist und seinem Team vom Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung umgesetzt wird, kommt zum Ende des Jahres erfolgreich zum Abschluss. Die Projektergebnisse sind öffentlich und ein Nachfolgeprojekt in 2021 und 2022 zur Skalierung ist vorgesehen.
Das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderte Projekt „Dezentrale Beratungs- und Unterstützungsstruktur für Gewaltschutz in Flüchtlingsunterkünften“ (DeBUG) wird auch im kommenden Jahr weitergefördert. Einen kleinen Einblick in die vielfältigen Aktivitäten der bundesweit sieben Multiplikator*innen für Gewaltschutz bietet die vorerst dreiteilige Podcast Reihe zu verschiedenen Aspekten des Gewaltschutzes. Auch wurden viele Online-Workshops im Rahmen des Projektes DeBUG umgesetzt. Im kommenden Jahr sind weitere Online-Workshop der DeBUG Kontaktstelle für Niedersachsen und Bremen bereits terminiert.
Außerdem weisen wir Sie sehr gerne auf die kürzlich veröffentlichte Videoserie der Youth Advocates hin. Die Youth Advocates sind die Jugendgruppe des Kinderschutzprogrammes von Plan International.
Konnten wir Ihr Interesse wecken? Dann leiten Sie diese Ausgabe des Newsletters gerne in Ihren Netzwerken weiter! Eine Anmeldung zum Newsletter der Bundesinitiative ist hier möglich: https://www.gewaltschutz-gu.de/die-initiative/newsletter/anmeldung.
Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre, erholsame Feiertage und einen fantastischen Start ins neue Jahr – bleiben Sie gesund!
Ihre
Servicestelle Gewaltschutz
Stiftung SPI, Alexanderstr. 1, 10178 Berlin
servicestelle@gewaltschutz-gu.de
030 390 634 760
Gemeinsame Studie von UNICEF Deutschland und dem Deutschen Institut für Menschenrechte zeigt: Bund, Länder und Kommunen müssen Gewaltschutzkonzepte und -maßnahmen verstärken.
Mit der Publikation "LSBTI*-sensibler Gewaltschutz für Geflüchtete" legt der LSVD einen Praxisleitfaden zur Umsetzung des Annex 1 der "Mindeststandards" vor.
Mit dem Gewaltschutzmonitor schließt das DeZIM das Pilotprojekt "Monitoring und Evaluierung eines Schutzkonzeptes für geflüchtete Menschen in Flüchtlingsunterkünften" erfolgreich ab. In den nächsten zwei Jahren steht mit dem Anschlussprojekt die Skalierung des Monitoring-Instruments im Fokus.
Mit zunächst drei Folgen geht die DeBUG-Podcast Reihe an den Start.
Ab Januar 2021 bietet die DeBUG Kontaktstelle für Niedersachsen und Bremen gemeinsam mit Kooperationspartner*innen fünf neue Online Seminare zu unterschiedlichen Themen an.
„Wir beschäftigen uns mit aktuellen Themen, die alle Jugendliche in unserer Gesellschaft betreffen“ (Batoul, Youth Advocates)
Das Bundeministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und UNICEF informierten Vertreter*innen der Mitgliedstaaten, des Europäischen Parlaments und der Kommission über die Bundesinitiative und die gleinamigen Mindeststandards.
Am 29.09.2020, 01.10.2020 und 02.10.2020
Online Netzwerktreffen der Bundesinitiative "Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften von 9:00 bis 12:00 Uhr.
Am 09.12.2020 von 9:00 - 12:00 Uhr
Die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF) veröffentlicht eine Studie zur Identifizierung besonderer Schutzbedürftigkeit, die sechste Auflage des Versorgungsberichtes sowie Erklärvideos rund um das Thema Gesundheit und Asyl.
Artikel im Themenschwerpunkte 'Geschlechtsspezifische Rechte im Asylverfahren' des Asylmagazins mittlerweile online verfügbar