Die Anzahl der in Deutschland Schutzsuchenden ist seit Beginn des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine im Jahr 2022 erneut in hohem Maße angestiegen. Unter den Geflüchteten befinden sich in erster Linie Frauen und Kinder. Letztere haben nicht nur durch die Erlebnisse in ihrem Heimatland, den Verlust von Bezugspersonen, als Zeug:innen von Gewalt oder Opfer des Kriegsgeschehens, sondern auch durch ihre individuellen Fluchterfahrungen traumatisierende Erlebnisse erfahren und zu verarbeiten.
Die Unterbringung in Ankunfts-, Erstaufnahmeeinrichtungen und Folgeunterkünften ist für eine Vielzahl geflüchteter Kinder und ihrer Familien unvermeidbar, kann jedoch auch ein Schritt in Richtung Sicherheit und Stabilität bedeuten. Dennoch stellt die Lebensrealität in den Sammelunterkünften für alle Bewohner:innen eine große Belastung dar und birgt insbesondere für geflüchtete Kinder und Jugendliche spezielle Herausforderungen und Gefährdungspotenziale. Unbestimmte Aufenthaltsdauer, beengte Wohnverhältnisse, Mangel an Privatsphäre, fehlende Rückzugorte zum Ruhen, Spielen und Lernen, Miterleben von Gewalt und eingeschränkter Zugang zu Gesundheitsversorgung, Bildungsangeboten und altersgemäßen Freizeitaktivitäten sind einige der Risikofaktoren und Gefahren im Alltag geflüchteter Kinder und Jugendlicher im Unterbringungskontext. Demnach stellt sich die Frage, wie (Schutz-)Bedarfe und Rechte geflüchteter Kinder und Jugendlicher, unter anderem auf eine geschützte Unterbringung, gesundheitliche Versorgung, eine dem Wohl entsprechende Pflege und Erziehung, Bildung und geschützte Räume für Spiel und Erholung in der Unterbringung von geflüchteten Menschen (nachhaltig) berücksichtigt werden können.
Entlang dieser Leitfrage widmeten sich die Online-Workshops 2023 einer besonders vulnerablen Gruppe: Geflüchtete Kinder und Jugendliche in der Unterbringung.
Die Online-Workshops hatten zum Ziel, für die Bedarfe von geflüchteten Kindern und Jugendlichen in der Unterbringung zu sensibilisieren und anwendungsorientiertes Wissen zum Thema zu vermitteln.
Sie richteten sich insbesondere an ehren- und hauptamtliche Praktiker:innen, die in Unterkünften für Geflüchtete tätig sind, aber auch an Leitungspersonen und Multiplikator:innen sowie Vertreter:innen aus dem Kinder- und Jugendhilfesystem.
Mehrere 2-stündige Einzeltermine im Zeitraum von Mai bis November 2023
Sensibilisierung für die Bedarfe von geflüchteten Kindern und Jugendlichen in der Unterbringung
Vermittlung von anwendungsorientiertem Wissen für den Umgang mit geflüchteten Kindern und Jugendlichen in der Unterbringung
Ehren- und hauptamtliche Praktiker:innen, die in Unterkünften tätig sind
Leitungspersonen von Unterkünften
Multiplikator:innen aus dem Unterbringungskontext
Vertreter:innen aus dem Kinder- und Jugendhilfesystem
Webex Meetings
Servicestelle Gewaltschutz
servicestelle@gewaltschutz-gu.de
030 390 634 760
Die Online-Workshops wurden im Rahmen der Bundesinitiative „Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften“ vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.
Kinder und Jugendliche, insbesondere diejenigen, die Krieg, Vertreibung und Flucht ausgesetzt sind und waren, sind eine besonders vulnerable Gruppe. Sie brauchen Erwachsene, die ihnen einen sicheren Ort bieten und sie vor weiterer Gewalt, Vernachlässigung und Diskriminierung schützen. Als professionell Tätige in der Arbeit mit geflüchteten Kindern und Jugendlichen ist es unsere Aufgabe, darauf zu achten, dass die Bedarfe und die Rechte von Kindern sowie der Schutz von Kindern gewährleistet werden. Neben der Kooperation mit den Eltern liegt der Fokus auf der Situation von unbegleiteten minderjährigen Asylbewerber:innen. Der Workshop legte den Fokus auf die Umsetzung des Kinderschutzes auf der Grundlage einschlägiger Gesetze sowie der Kinderrechte im Kontext von Flucht und Unterbringung.
Henrike Krüsmann - Koordinatorin, Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen und ihren Kindern (BIG e. V.), UNICEF-zertifizierte Trainerin für Schulungen zur Umsetzung der „Mindeststandards zum Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften“
Termine: 23.05.2023 10:00 - 12:00 Uhr | 10.10.2023 15:00 - 17:00 Uhr
Kinderfreundliche Orte und Angebote sind ein wesentlicher Beitrag, um Kindern und Jugendlichen einen sicheren und geschützten Ort zum Rückzug, zum Spielen, zum Austausch und zur Verarbeitung des Erlebten und der neuen Situation zu bieten. Gleichzeitig bieten sie Kindern und Jugendlichen einen Rahmen, um die Widerfahrnisse der Flucht zu verarbeiten. Im Workshop setzten sich die Teilnehmenden mit dem Konzept der Kinderfreundlichen Orte und Angebote auseinander und entwickelten Ideen für die Umsetzung bzw. den weiteren Ausbau. Hierzu gingen die Teilnehmenden in den Austausch, um die Erfahrungen anderer Einrichtungen nutzen zu können.
Henrike Krüsmann - Koordinatorin, Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen und ihren Kindern (BIG e. V.), UNICEF-zertifizierte Trainerin für Schulungen zur Umsetzung der „Mindeststandards zum Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften“
Termine: 12.06.2023 10:00 - 12:00 Uhr | 15.11.2023 15:00 - 17:00 Uhr
In vielen Herkunftsländern drohen LSBTIQ* - Personen aufgrund ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Orientierung Verfolgung seitens des Staates, der Familie oder der Gesellschaft. Darunter befinden sich oft auch junge und meist minderjährige Asylsuchende.
Diese Gruppe ist meist gezwungen im engen Familienverbund zu leben. Daraus folgt für junge LSBTIQ* oft eine Einschüchterung und der Zwang sich zu verleugnen, und starke psychische Belastungen für diese minderjährigen oder jungen LSBTIQ*. Daher ist diese vulnerable Gruppe in diesen Angsträumen der Unterkünfte oft besonders schwer zu identifizieren und diese werden oft nicht mitgedacht. Sie erleben dort Gewalt gegen geoutete LSBTIQ*. Spezielle Unterstützungs-Angebote, die junge LSBTIQ* stärken und mit Familien in den Dialog treten, gibt es so gut wie gar nicht an den Orten wo es nötig wäre.
Wie kann diese besonders vulnerable Gruppe besser identifiziert werden und wie sieht es mit Schutzkonzepten vor Ort aus, um junge LSBTIQ* besser vor Gewalt und Anfeindungen zu schützen? Wie kann ein Coming-Out und das Aufwachsen besser begleitet werden? Welche Unterstützungsangebote gibt es und wie kann ein besseres Umfeld geschaffen werden? An wen können sich Fachkräfte wenden und warum sind Schutzräume so wichtig?
Ina Wolf - Fachreferentin für Fluchtgrund: queer - Queer Refugees Deutschland, ein Projekt des LSVD Deutschland
Patrick Dörr - Vorstand LSVD Deutschland
Termin: 01.09.2023 10:00 - 12:00 Uhr
In dem praxisorientierten Workshop ging es um Möglichkeiten der Unterstützung und Stärkung von psychisch belasteten und traumatisierten Kindern und Jugendlichen. Dabei wurden niedrigschwellig einsetzbare Methoden und Übungen zu Themen wie Aktivierung, Ressourcenorientierung, Arbeit mit Gefühlen und Stabilisierung vermittelt. Zudem hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit sich auszutauschen und eigene Erfahrungen, Ideen und Impulse aus ihrem jeweiligen Arbeitskontext mit geflüchteten Kindern und Jugendlichen zu teilen.
Anja Renner, Projektleitung Trainings zur psychosozialen Unterstützung geflüchteter Kinder und Familien, Save the Children Deutschland
Lena Schulte, Psychologische Psychotherapeutin
Termin: 23.10.2023