Newsletter #12 (12| 2023)


Editorial

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleg:innen,
liebe Leser:innen,

das Jahr neigt sich dem Ende zu, die Weihnachtsfeiertage stehen vor der Tür, doch der Blick in die Welt erschüttert: Die Eskalation im Nahen Osten nach den furchtbaren Terroranschlägen der Hamas vom 7. Oktober 2023, haben in Deutschland nicht nur Fragen, wie den Umgang mit Antisemitismus, wieder deutlich in den Vordergrund gerückt. Angesichts des unbeschreiblichen Leids, das wir in Israel und Gaza sehen, fällt es schwer, richtige Worte zu finden. Die Bundeszentrale für politische Bildung hat eine Übersicht für Schulen und Bildungseinrichtungen zusammengestellt, die helfen, die mit dem Konflikt verbundenen wichtigen Themen anzusprechen: „Wie umgehen mit dem Nahostkonflikt? – Eine Übersicht für Schulen und Bildungseinrichtungen“ (bpb). Besonders wertvoll sind auch die Angebote zur Erwachsenenbildung in diesem Kontext der Bildungsstätte Anne Frank (Bildungsstätte Anne Frank).

Der Blick in die Welt macht unmissverständlich klar, dass eine Vielzahl schutzsuchender Menschen auf der Flucht Hilfe benötigt. Viele suchen auch Hilfe und Schutz in Europa und Deutschland. Die Förderung einer menschenrechtsbasierten Unterbringung der Schutzsuchenden, hat die Bundesinitiative „Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften“ auch 2023 wieder bei all‘ ihren Aktivitäten angetrieben. Im Kontext der Unterbringung geflüchteter Menschen in Deutschland standen 2023 dabei insbesondere neue und auch alte Herausforderungen im Vordergrund. Dies zeigte zuletzt ebenfalls eine Befragung der Universität Hildesheim und des Mediendiensts Integration von mehr als 600 Kommunen und Landkreisen bundesweit, wonach „Für 60 Prozent der Kommunen Aufnahme ‚noch machbar‘“ sei, eine Mehrheit der Kommunen die Lage allerdings auch angespannt sieht (Mediendienst Integration).

Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hält überdies nunmehr bald zwei Jahre an. Damit einher gehen die Fluchtbewegungen von über eine Millionen Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine nach Deutschland – laut Bundesinnenministerium leben über 1,1 Millionen Menschen aus der Ukraine in Deutschland (BMI). Eine wichtige Nachricht in diesem Zusammenhang stellt der verlängerte Schutzstatus geflüchteter Menschen aus der Ukraine bis März 2025 dar (BfJ). Die Betroffenen müssen damit keinen Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltsstatus stellen, was laut Bundesinnenministerin Nancy Faeser eine große Entlastung für die Ausländerbehörden aber auch eine klare Perspektive für die Betroffenen darstellt (BMI). Für Geflüchtete aus der Ukraine und alle mit ukrainischen Geflüchteten arbeitenden Stellen bietet die Bundesregierung zudem auch weiterhin mit dem Hilfeportal "Germany4Ukraine" eine vertrauenswürdige, sichere und digitale Anlaufstelle. Die ab September durchgeführte Nutzendenumfrage zur Weiterentwicklung des Online-Angebots wurde nun beendet. Konkrete Ergebnisse der Umfrage finden Sie in Kürze auf der Webseite „Germany4Ukraine".

Die Unterbringung der geflüchteten Menschen wurde in diesem Jahr ferner von Ländern und Kommunen bei den beiden Flüchtlingsgipfeln im Bundeskanzleramt vorgebracht, zuletzt am 6. November 2023. Es wurde sich beim letzten Treffen u.a. auf ein Maßnahmenpaket zur Entlastung der Kommunen verständigt (BMI, BReg). Daneben wurden in diesem Jahr unterschiedliche Vorhaben umgesetzt, wie der zwischenzeitlich im Kabinett verabschiedete Gesetzesentwurf zur Verbesserung der Rückführung (BMI).

Bei all den Herausforderungen, schaffen gute Entwicklungen vor Ort es dagegen häufig nicht auf die Titelseiten. Auch der Blick auf die von Flucht betroffenen Personen könnte im Diskurs weiter in den Vordergrund gerückt werden: so zeigt sich, dass ein großer Teil der Schutz- und Asylsuchenden die nach Deutschland kommen, Frauen und Kinder sind: Etwa 47 Prozent aller Asylbewerber:innen, die zwischen Januar und November 2023 in Deutschland zum ersten Mal einen Antrag auf Asyl gestellt haben, waren Frauen sowie Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren (142.932 Personen, BAMF). Zahlen, die zwingend den Schutz von Kindern und Jugendlichen in Unterkünften für Geflüchtete und auch allen anderen Lebensbereichen bekräftigen. Das diesjährige Netzwerktreffen der Bundesinitiative am 13. Oktober 2023 widmete sich daher diesem wichtigen Thema und hat „Bedingungen und Herausforderungen für die effektive Umsetzung des Kinderschutzes in der Unterbringungspraxis“ in den Blick genommen. Kooperationspartner der Veranstaltung war UNICEF Deutschland, die im Rahmen des Netzwerktreffens die gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Menschenrechte veröffentlichte Studie „Das ist nicht das Leben“ vorstellten. In der Studie werden die Lebensrealitäten von geflüchteten Kindern und Jugendlichen aufgezeigt. Auch die diesjährige Online-Workshopreihe unter dem Titel „Geflüchtete Kinder und Jugendliche in der Unterbringung. Grundlagen, Sensibilisierung und Handlungsorientierung“ hat zu unterschiedlichen Schutzbedarfen dieser vulnerablen Personengruppe sensibilisiert.

Im Rahmen der Bundesinitiative wurde sich in diesem Jahr außerdem der Frage gewidmet, wie den mit dem hohen Belegungsdruck einhergehenden Herausforderungen für den Gewaltschutz umgegangen werden kann. Die im Jahr 2022 gegründete Arbeitsgemeinschaft zum Gewaltschutz unter hohem Belegungsdruck / Notunterbringung der Bundesinitiative "Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften" erarbeitete und veröffentlichte jüngst Praxismaterialien für die Notunterbringung zur Entwicklung und Umsetzung der Grundlagen des Gewaltschutzes in Notunterkünften. Diese umfassen eine Checkliste, eine Toolbox für die Praxis, einen Muster-Verhaltenskodex sowie ein Policy-Paper. Die Materialien wurden im Rahmen des Online-Werkstattgesprächs am 09. November 2023 vorgestellt. Für diese Newsletterausgabe waren wir im Gespräch mit Desirée Weber von UNICEF Deutschland, Leiterin der vorgenannten Arbeitsgemeinschaft, und erhielten Einblicke in den Entstehungsprozess der Materialien und deren Anwendung in der Praxis.

Neben den Praxismaterialien sind in diesem Jahr eine Vielzahl an Studien, Praxisleitfäden, Berichten und weiteren Materialien rund um das Thema „Gewaltschutz im Unterbringungskontext“ veröffentlicht wurden, die Sie auf der Webseite der Bundesinitiative unter Publikationen einsehen können. Eine Publikation, die wir Ihnen im Rahmen dieser Newsletterausgabe vorstellen, ist der „Praxisleitfaden und (das) übertragbare Trainingskonzept zur Gewaltprävention bei (geflüchteten) Jugendlichen“ basierend auf den Ergebnissen des Projektes „BROTHERS“, in dem Jugendliche – vorwiegend mit Fluchthintergrund – zu Mentoren (sogenannten Brothers) ausgebildet wurden.

Dieser skizzierte Rückblick auf die Aktivitäten der Bundesinitiative und ihrer Partner:innenorganisationen umfasst auch die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Kinder geförderten Projekte „BeSAFE – Skalierung und Vertiefung“ sowie „LISTEN UP!“. Bereits zu Beginn dieses Jahres wurde die Toolbox besondere Schutzbedarfe und das dazugehörige Policy Paper, entstanden im Zuge des BeSAFE-Projektes der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft für psychosoziale Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF) im Rahmen eines Online-Werkstattgespächs vorgestellt. Wir freuen uns in der ersten Newsletterausgabe des kommenden Jahres ausführlicher zum BeSAFE-Projekt mit den Projektverantwortlichen ins Gespräch gehen zu dürfen. Das Modellprojekt „LISTEN UP! Beschwerdeverfahren für geflüchtete Kinder in Unterkünften“ wurde initiiert, um Länder und Kommunen bei der Umsetzung des Mindeststandards 3 der „Mindeststandards zum Schutz geflüchteter Menschen in Flüchtlingsunterkünften“ zu unterstützen. Umfangreiche Informationen zur Projektumsetzung und den Ergebnissen folgen ebenfalls im nächsten Jahr. Ebenso freuen wir uns auf eindrückliche Einblicke in die Umsetzung des Projektes „Gewaltschutzmonitoring in Geflüchtetenunterkünften: Verbreitung, Auswertung und Verstetigung“ des DeZIM-Instituts.

Weitere Informationen zu Aktivitäten, Publikationen und den vergangenen Veranstaltungen aus dem Themenfeld Schutz von geflüchteten Menschen in der Unterbringung und im Kontext der Bundesinitiative und deren Partner:innenorganisationen finden Sie in dieser Ausgabe des Newsletters. Die Inhalte sind in drei Rubriken aufgeteilt:

  1. Beiträge
  2. Veranstaltungen
  3. Publikationen

Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre sowie erholsame Feiertage und einen guten Start in das neue Jahr – bleiben Sie gesund!

Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre!

Mit freundlichen Grüßen

Ihre

Servicestelle Gewaltschutz
Stiftung SPI, Seestr. 67, 13347 Berlin
servicestelle@gewaltschutz-gu.de
030 390 634 760

 

Konnten wir Ihr Interesse wecken? Dann leiten Sie diese Ausgabe des Newsletters gerne in Ihren Netzwerken weiter! Eine Anmeldung zum Newsletter der Bundesinitiative ist möglich unter https://www.gewaltschutz-gu.de/die-initiative/newsletter/anmeldung.

Haben Sie Feedback zum Newsletter? Dann freuen wir uns über Ihre E-Mail an servicestelle@gewaltschutz-gu.de! Gerne berücksichtigen wir Ihre Rückmeldung so weit wie möglich in den nächsten Ausgaben des Newsletters.


1. Beiträge

Projekte im Rahmen der Bundesinitiative „Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften“
News
Interview zur Veröffentlichung der Praxismaterialien für die Notunterbringung

Im Oktober 2023 wurden im Rahmen der vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) geförderten Bundesinitiative "Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften" Praxismaterialien veröffentlicht, um den aktuellen Herausforderungen für den Gewaltschutz in Notunterkünften begegnen zu können. Im Gespräch mit Desirée Weber von UNICEF Deutschland, Leiterin der Arbeitsgemeinschaft (AG) zum Gewaltschutz unter hohem Belegungsdruck / Notunterbringung, werden Einblicke in den Entstehungsprozess der Materialien und deren Anwendung in der Praxis gewährt.

Weitere Projekte und Beiträge aus dem Themenbereich „Gewaltschutz in Unterkünften für geflüchtete Menschen“
News
Save the Children führt in 2024 Projekte für temporäre Unterkünfte und zur psychosozialen Stabilisierung geflüchteter Kinder und Familien fort

Save the Children führt in 2024 das Projekt zur Beratung temporärer Unterkünfte für Geflüchtete mit einer angepassten Checkliste fort. Darüber hinaus werden weiterhin Trainings zur psychosozialen Unterstützung geflüchteter Kinder und Familien für Fachkräfte und Ehrenamtliche angeboten.

News
Projekt „BROTHERS – Gewaltprävention bei (geflüchteten) Jugendlichen“ – Evaluationsbericht und Praxisleitfaden veröffentlicht

Seit 2015 erreichen auch viele junge und männliche Geflüchtete Deutschland. Die bundesweite Präventionslandschaft war und ist jedoch kaum auf die spezifischen Bedarfe von jungen geflüchteten Männern ausgerichtet. Deshalb begleitet die Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention das Projekt „BROTHERS – Gewaltprävention bei (geflüchteten) Jugendlichen, supported by HEROES“. Nun wurden ein Evaluationsbericht und ein Praxisleitfaden mit übertragbarem Trainingskonzept veröffentlicht.


2. Veranstaltungen

News
Dokumentation des Netzwerktreffens der Bundesinitiative ist online!

Am 13.10.2023 fand das Netzwerktreffen der Bundesinitiative „Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften“, gefördert durch das BMFSFJ, in Berlin statt. Die Dokumentation der Veranstaltung mit dem Titel „Schutz von Kindern und Jugendlichen in Unterkünften für geflüchtete Menschen – Bedingungen und Herausforderungen für die effektive Umsetzung des Kinderschutzes in der Unterbringungspraxis“ steht Ihnen auf der Webseite der Bundesinitiative zur Verfügung.

News
Dokumentation des Online-Werkstattgesprächs „Gewaltschutz in der Notunterbringung für geflüchtete Menschen“ ist online!

Das Online-Werkstattgespräch von UNICEF Deutschland „Gewaltschutz in der Notunterbringung für geflüchtete Menschen“ fand am 09. November 2023 statt. Die Dokumentation der Veranstaltung, die im Rahmen der vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) geförderten Bundesinitiative "Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften" umgesetzt wurde, ist ab sofort online verfügbar.

News
Dokumentation der Online-Workshopreihe 2023 ist online!

Von Mai bis November 2023 fanden insgesamt sechs Online-Workshops zum Themenschwerpunkt „Geflüchtete Kinder und Jugendliche in der Unterbringung - Grundlagen, Sensibilisierung und Handlungsorientierung“ statt. Die Dokumentation der Veranstaltungsreihe steht Ihnen auf der Webseite der Bundesinitiative zur Verfügung.


3. Publikationen

Publikationen im Rahmen der Bundesinitiative „Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften“
News
Praxismaterialien für die Notunterbringung veröffentlicht: Entwicklung und Umsetzung der Grundlagen des Gewaltschutzes in Notunterkünften

Im Oktober veröffentlichte eine Arbeitsgemeinschaft zum Gewaltschutz unter hohem Belegungsdruck / Notunterbringung im Rahmen der vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) geförderten Bundesinitiative "Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften" Praxismaterialien zur Entwicklung und Umsetzung der Grundlagen des Gewaltschutzes in Notunterkünften.

Sonstige Publikationen
2023 / Kinder / Sonstige Publikation
Kinderschutz in Notunterkünften für Geflüchtete (Save the Children, 2023)

Aktualisierte Checkliste für die temporäre Unterbringung von Kindern und Familien

News
"Was ist ein Frauenhaus?" - Erklärvideo und Flyer in leichter Sprache

Der Flyer „Was ist ein Frauenhaus?“ sowie ein gleichnamiges Erklärvideo des Vereins Frauenhauskoordinierung e.V. beantworten wichtige Fragen zum Gewaltschutz niedrigschwellig und in Leichter Sprache sowie Gebärdensprache.

2023 / Trauma / Studie / Bericht
Flucht & Gewalt (BAfF e.V., 2023)

Psychosozialer Versorgungsbericht Deutschland 2023

2023 / Menschenhandel / Sonstige Publikation
Datenerhebung zu Menschenhandel und Ausbeutung in Deutschland (KOK e.V., 2023)

Neuer Bericht des Bundesweiten Koordinierungskreises gegen Menschenhandel e.V.

News
Queer-Papier #5: Junge LSBTIQ*-Geflüchtete in der Sozialen Arbeit - Intersektionale Lebensrealitäten, Herausforderungen & Handlungsempfehlungen für Fachkräfte

Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD e.V.) hat eine neue Ausgabe des Queer-Papiers veröffentlicht.

News
Vorbild Ukraine - Hilfesysteme der Zukunft?

Die Analysen der BAfF als Fachverband für Flucht und psychosoziale Gesundheit haben für die Aufnahme und Versorgung von Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine – und daraus folgend aus allen anderen Herkunftsländern, aus denen Minderjährige mit oder ohne erwachsene Begleitpersonen fliehen müssen – Handlungsfelder identifiziert.


nach oben