Die Bundesinitiative „Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften“ arbeitet seit 2016 daran, die Bedingungen in Unterkünften für geflüchtete Menschen zu verbessern. Die dabei entwickelten „Mindeststandards zum Schutz geflüchteter Menschen in Flüchtlingsunterkünften“ zeigen, wie der Schutz von geflüchteten Menschen, vor allem von besonders schutzbedürftigen Gruppen, in Unterkünften sichergestellt werden kann. Grundsätzlich sollten die Mindeststandards für alle Unterkunftsarten für geflüchtete Menschen vollständig im Rahmen eines Schutzkonzeptes angewendet werden.
Es ist jedoch zu beobachten, dass in Zeiten höherer Ankunftszahlen Länder und Kommunen trotz großer Bemühungen vielerorts an die Grenzen Ihrer regulären Unterbringungs- und Versorgungskapazitäten stoßen und so kurzfristig Notunterkünfte oder behelfsmäßige Unterkünfte einrichten. Bei der Notunterbringung potenzieren sich häufig die Herausforderungen mit Blick auf den Gewaltschutz, beispielsweise wenn räumliche, finanzielle und personelle Ressourcen nicht ausreichend gewährleistet sind oder nicht genügend Beratungsangebote zur Verfügung stehen. Doch gerade dann ist es besonders wichtig, den Gewaltschutz für geflüchtete Menschen sicherzustellen.
Vor diesem Hintergrund hat sich im Jahr 2022 eine Arbeitsgemeinschaft zum Gewaltschutz unter hohem Belegungsdruck/Notunterbringung im Rahmen der Bundesinitiative "Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften" gegründet und eine Checkliste „Gewaltschutz für geflüchtete Menschen in Notunterkünften“, eine Toolbox für die Praxis sowie begleitend dazu ein Policy Paper erarbeitet. Alle drei sind ausdrücklich für den Kontext der Notunterbringung bestimmt und ersetzen die Mindeststandards nicht. Sie dienen vielmehr einer ersten Orientierung, um Grundlagen des Gewaltschutzes vor Ort schaffen zu können.
Das Online-Werkstattgespräch von UNICEF Deutschland diente dazu die in der Arbeitsgruppe erarbeiteten Dokumente vorzustellen und aufzuzeigen, wo und wie diese im Kontext der Notunterbringung eingesetzt werden können.
Nach der Begrüßung durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und von UNICEF Deutschland folgten fünf Kurzimpulse, in denen der Erarbeitungsprozess und die einzelnen Dokumente zur Umsetzung des Gewaltschutzes in der Notunterbringung von geflüchteten Menschen vorgestellt wurden. Im anschließenden offenen Austausch wurden bestehende Herausforderungen und Fragen bezüglich der Anwendung und Umsetzung der erarbeiteten Dokumente benannt und mit Blick auf Transfermöglichkeiten diskutiert.
Do., 09.11.23 | 9:30 - 12:30 Uhr
Vertreter:innen aus der Praxis, wie Leitungen und Sozialarbeiter:innen in Unterkünften für geflüchtete Menschen sowie Fachberatungsstellen und Gewaltschutzkoordinator:innen
Entscheidungsträger:innen und interessierte Vertreter:innen von Landesbehörden und kommunalen Behörden
Webex Meetings
Die Veranstaltung von UNICEF Deutschland fand im Rahmen der vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) geförderten Bundesinitiative "Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften" statt.
Tagesmoderation
Sandra Viehbeck, Referatsleiterin im Referat 103 „Migration und Vielfalt, Antisemitismus- und Rassismusprävention“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Dr. Sebastian Sedlmayr, Abteilungsleitung Advocacy und Politik, Deutsches Komitee für UNICEF
Arbeitsgemeinschaft „Gewaltschutz unter hohem Belegungsdruck/Notunterbringung“
Impuls 1: Kurzbeschreibung des Projektes
Desirée Weber, Senior Advocacy Specialist, Flucht und Migration, Stabstelle Advocacy und Politik, Deutsches Komitee für UNICEF e.V.
Impuls 2: Rollenklarheit für das Personal
Nicole Kühn, Beratung für Gewaltschutz
Impuls 3: Vorstellung Checkliste und Toolbox
Andreas Groß, Referent für die Beratung temporärer Unterkünfte für Geflüchtete, Save the Children
Impuls 4: Gewaltschutz von Anfang an
Andreas Groß, Referent für die Beratung temporärer Unterkünfte für Geflüchtete, Save the Children
Impuls 5: Empfehlungen
Susann Thiel, Referentin für Flüchtlingshilfe/-politik, Der Paritätische Gesamtverband
Tagesmoderation
Tagesmoderation
Veranstaltungsinformationen und Programm
Im Rahmen des Online-Werkstattgesrpächs wurden die einzelnen Bestandteile der Praxismaterialien für die Notunterbringung vorgestellt. Die dazugehörige Präsentation finden Sie hier:
Gesamtpräsentation Online-Werkstattgespräch
Im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft (AG) zum Gewaltschutz unter hohem Belegungsdruck / Notunterbringung der vom Bundesfamilienministerium geförderten Bundesinitiative "Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften" wurden Praxismaterialien zur Entwicklung und Umsetzung der Grundlagen des Gewaltschutzes in Notunterkünften erarbeitet. Diese umfassen eine Handreichung zum Verhaltenskodex, eine Checkliste für den Gewaltschutz geflüchteter Menschen in der Notunterbringung, die von einer digitalen Toolbox begleitet wird sowie ergänzend ein Policy Paper.
Praxismaterialien für die Notunterbringung
Zur Checkliste "Gewaltschutz für geflüchtete Menschen in Notunterkünften“
Die Praxismaterialien für die Notunterbringung verstehen sich als „lebendige Dokumente“, die bei Bedarf überarbeitet und ergänzt werden können. Für die AG Gewaltschutz unter hohem Belegungsdruck / Notunterbringung ist es hierbei besonders wichtig, Rückmeldungen aus der Praxis zu berücksichtigen. Sie haben über den folgenden Button die Möglichkeit Feedback zu Ihrer Erfahrung mit dem Praxismaterial zu geben.
Im Rahmen der Veranstaltung wurden Hinweise zu Publikationen, Projekten sowie weiterführenden Informationen in den Chat gegeben. Diese sind im Folgenden aufgeführt.
Die "Mindeststandards zum Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften" verstehen sich als Leitlinien für die Erstellung, Umsetzung und das Monitoring von unterkunftsspezifischen Schutzkonzepten. Sie können auch als Orientierung für die (Weiter-)Entwicklung von länderspezifischen oder kommunalen Schutzkonzepten dienen. Sie liegen seit 2021 in aktualsisierte vierter Auflage vor.
Für die "Mindeststandards" liegen Begleitpublikationen vor, die Themenaspekte der Mindeststandards mit Blick auf die Praxis vertiefen und als hilfreiche Ergänzung zu den Mindeststandards vertsanden werden können. Die Begleitpublikationen sind zugleich eigenständige Veröffentlichungen, die sich insbesondere an Professionelle und Ehrenamtliche in der Arbeit mit geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften richten.
Zu den Begleitpublikationen der "Mindeststandards"
In einer Studie vom Deutschen Komitee für UNICEF e.V. und dem Deutschen Institut für Menschenrechte wurden Perspektiven von Kindern und Jugendlichen in Unterkünften für geflüchtete Menschen zusammengetragen. Kinder und Jugendliche aus vier Unterkünften für geflüchtete Menschen berichten in der Studie über ihre Lebensrealität.
"Das ist nicht das Leben" (UNICEF, DIMR, 2023)
Save the Children Deutschland bietet Trainings zur psychosozialen Unterstützung geflüchteter Kinder und Familien an, die sich an Fachkräfte und Ehrenamtliche richten. Im Rahmen des Projektes "Trainings zur psychosozialen Unterstützung geflüchteter Kinder und Familien" wurde eine "Methodenschatzkiste" entwickelt. Das Heft enthält kreative Übungen für die Arbeit mit Kindern.
Zum Projekt "Trainings zur psychosozialen Unterstützung geflüchteter Kinder und Familien"
Flyer zu den Trainings "Zwischen Flucht und Ankommen"
Save the Children Deutschland bietet Beratung für Betreiber:innen und Personal temporärer Unterkünfte für geflüchtete Menschen an, um eine Verbesserung der Unterbringungssituation geflüchteter Kinder und ihrer Familien in diesen Unterkünften zu erzielen. Weitere Informationen und die Kontaktdaten stehen Ihnen auf der Webseite von Save the Children zur Verfügung.
Zum Projekt "Beratung temporärer Unterkünfte für geflüchtete Menschen"
Das Projekt "Fluchtgrund: queer – Queer Refugees Deutschland" bietet besonders in den großen Flächenländern Deutschlands, wo fachspezifische Beratungsstellen sehr weit auseinanderliegen, kostenfreie Beratung und Schulungen für Personal, Entscheidende und Ehrenamtliche in kommunalen Unterkünften zum Thema LSBTI*, Gewaltschutz und Safer Spaces an. Hieran können ebenso Vertreter:innen der Security teilnehmen. Weitere Informationen und die Kontakdaten finden Sie auf der Webseite von "Queer Refugees".
Zum Beratungs- und Schulungsangebot von Queer Refugees Deutschland
Im Rahmen des Modellprojekts "BeSAFE – Besondere Schutzbedarfe bei der Aufnahme erkennen" (2019 - 2020) der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer e.V. (BAfF e.V.) in Kooperation mit der Rosa Strippe e.V. wurden Materialien entwickelt, die bei der Implementierung bedarfs- und standortgeeigneter Identifizierungsmaßnahmen genutzt werden können. Die "Toolbox Schutzbedarfe" soll Einrichtungen darin unterstützen, ein Beratungsangebot für Bewohner:innen mit besonderen Schutzbedarf aufzubauen. Die Toolbox umfasst einen "Leitfaden für die Erkennung besonderer Schutzbedarfe von geflüchteten Menschen", Poster zur Bewerbung des Beratungsangebots sowie Dokumente zum Datenschutz und zur Schweigepflichtentbindung in verschiedenen Sprachen, die individuell angepasst werden können. Außerdem liegen noch ein Dokumentationsbogen und ein Laufzettel vor. Ergänzend hierzu wurde ein Policy Paper veröffentlicht.
Zum Modellprojekt "BeSAFE – Besondere Schutzbedarfe bei der Aufnahme erkennen"
Zum Anschlussprojekt "BeSAFE - Skalierung und Vertiefung"
Zur Toolbox besondere Schutzbedarfe auf der BAfF-Webseite
Die Toolbox besondere Schutzbedarfe wurde im Rahmen eines Online-Werkstattgesprächs der BAfF am 15. Mai 2023 vorgestellt. Die Präsentation sowie weiterführende Informationen finden Sie hier:
Im Jahr 2021 veröffentlichte der BDSW einen Leitfaden zum Schutz von Flüchtlingseinrichtungen oder -unterkünften für öffentliche Auftraggeber, der Hilfestellungen zur Angebotsbewertung von Qualität und Preis gemäß der nun geltenden Fassung der "Mindeststandards zum Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften" bietet. Nähere Informationen zum Leitfaden finden Sie hier:
Leitfaden des BDSW (BDSW, 2021)
Der Leitfaden des BDSW wurde in einem gemeinsamen Online-Werkstattgespräch mit der Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention (DFK) im Jahr 2021 vorgestellt. Im Rahmen des Werkstattgesprächs war auch die behördliche Sicht mittels einem Kommentar des Ministeriums der Justiz und für Migration Baden-Württemberg vertreten. Die Präsentationen und weitere Informationen zum Werkstattgespräch finden Sie hier: